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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App
Vermeintliche Auslöser
Hormonell bedingte Heißhungeranfälle in der Schwangerschaft sind weithin bekannt – das beliebteste Beispiel ist das plötzliche Verlangen nach sauren Gurken. Nicht so bekannt sind Heißhungerattacken bei Migräne-Betroffenen. Solche plötzlichen Gelüste treten oft als Vorboten einer Migräne-Attacke auf, meistens viele Stunden bevor der Schmerz einsetzt. Man hat dann z.B. wahnsinnig Lust auf Schokolade, isst eine ganze Tafel und bekommt kurz darauf eine Migräne-Attacke.
Die Schokolade ist in diesem Fall wie die sauren Gurken ein Symptom und nicht der Auslöser der Attacke, denn der Kopfschmerz ist längst in seiner „pränatalen“ Entwicklung.
Auslöser oder Vorboten? Schokolade, Licht & Sport
In der Vorbotenphase, die einer Migräne-Attacke bis zu 48 Stunden vorausgehen kann, sind die Betroffenen oft auch besonders lichtempfindlich, selbst normale Lichtverhältnisse können als äußert grell empfunden werden. Dieses subjektiv grelle Licht ist dann, wie die Lust auf Schokolade, nicht Trigger, sondern Symptom.
Einige Betroffene fühlen sich vor Migräne-Attacken besonders leistungsfähig, powern sich beim Sport aus und wenig später setzen dann die Kopfschmerzen ein. Auch die hohe körperliche Aktivität ist in einem solchen Fall nur Symptom, nicht Auslöser.
Diese Liste ließe sich sehr lange fortsetzen, denn es gibt eine Vielzahl von Migräne-Vorboten. Es betrifft hormonelle, emotionale, ernährungs- und andere physiologische Veränderungen. Schokolade, Licht und Sport gehören zu den Klassikern, die nachweislich mit Auslösern verwechselt werden.
Tyramin ist schuld, wenn Schokolade Migräne auslöst
Um das Thema zu verkomplizieren, kann es allerdings auch sein, dass Schokolade wirklich der Auslöser für Migräne ist. In diesem Fall ist dann das biogene Amin Tyramin schuld. Es entsteht beim Reifungs- oder Fermentierungsprozess von Lebensmitteln – oft ist es in Rotwein, gereiftem Käse oder gepökelten Würsten vorhanden.
Im Falle der Schokolade stammt das Tyramin aus dem Kakao. Deshalb vertragen viele Betroffene nicht so stark kakaohaltige Schokoladen, wie z.B. Vollmilchschokolade, besser als dunkle Schokolade, wie Zartbitter- oder Herrenschokolade. Noch besser wird meistens weiße Schokolade vertragen, da hier der Kakaomasse das Kakaopulver entzogen wird.
Bevor man allerdings auf (dunkle) Schokolade komplett verzichtet, sollte man erstmal testen, ob es wirklich am Tyramin liegt. Das kann durch dem Verzehr von anderen tyraminhaltigen Lebensmitteln geschehen. Eine Liste von stark tyraminhaltigen Lebensmitteln gibt es z.B. in der Deutschen Apothekerzeitung.
Gibt es denn überhaupt Auslöser bei Migräne?
Was eine Migräne wirklich auslösen kann, ist individuell ganz verschieden. Generell gelten Unregelmäßigkeiten wie ein Wechsel in Anspannung & Entspannung, Änderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus, Wetterwechsel, Hormon- und Blutzuckerschwankungen als gängige Auslöser1-4.
Wenn du den Einfluß von starken Blutzuckerschwankungen auf deine Migräne untersuchen möchtest, hol dir die App auf Rezept sinCephalea Migräneprophylaxe. Du kannst sie dir von behandelnden Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen oder per Videosprechstunde verschreiben lassen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten dafür. Die digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) möchte mit dir zusammen herausfinden welche Lebensmittel deinen Blutzucker eher niedrig-stabil halten, damit du diese in der Ernährung bevorzugen und so effektiv Migräneanfällen vorbeugen kannst5-7.
Interessant: Auslöser werden wahrscheinlich nur in der Vorbotenphase wirksam und sind außerhalb dieser Phase ungefährlich. Wie das geschieht, erklärt die sogenannte Kipppunkttheorie.
Die Kipppunktheorie
Nahe an einem Kipppunkt, also kurz bevor das Gehirn von der schmerzfreien Zeit herüber in die Kopfschmerzphase der Migräne „kippt“, treten im ganzen Körper große Schwankungen auf. Diese Schwankungen betreffen physiologische, hormonelle und emotionale Veränderungen und äußern sich für Betroffenen durch verschiedene Vorboten.
In dieser Phase ist man für Auslöser sehr empfindlich. Die Überempfindlichkeit auf Reize und Reizüberflutung bilden einen sich selbst verstärkenden Prozess mit Henne-Ei-Problematik. Es wäre in etwa so, als wenn man zunächst nur ein bisschen Migräne-schwanger ist und durch das Essen von sauren Gurken noch schwangerer würde.
Quellen
- Bernecker C. et al. (2011): Oxidative stress is associated with migraine and migraine-related metabolic risk in females. In: European Journal of Neurology, 18(10), S.1233-9.
- Bongiovanni, D. et al. (2021): Effectiveness of Ketogenic Diet in Treatment of Patients with Refractory Chronic Migraine. In: Neurol Sci, doi:10.1007/s10072-021-05078-5.
- Evcili, G. et al. (2018): Early and long period follow-up results of low glycemic index diet for migraine prophylaxis. In: Agri.30(1), S. 8-11. doi: 10.5505/agri.2017.62443.
- Gruber, H.-J. et al. (2010): Hyperinsulinaemia in Migraineurs Is Associated with Nitric Oxide Stress. In: Cephalalgia30 (5), S. 593–98. https://doi.org/10.1111/j.1468-2982.2009.02012.x.
- Razeghi, J. S. et al. (2019): Association of diet and headache. In: Journal of Headache and Pain, 20(1), S. 106. doi:10.1186/s10194-019-1057-1.
- Siva, Z.O. et al. (2018): Determinants of Glucose Metabolism and the Role of NPY in the Progression of Insulin Resistance in Chronic Migraine. In: Cephalalgia38 (11), S. 1773–81. https://doi.org/10.1177/0333102417748928.
- Yilmaz, N. et al. (2011): Impaired Oxidative Balance and Association of Blood Glucose, Insulin and HOMA-IR Index in Migraine. In: Biochem. Med., 21, S. 145–151.