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Entspannungsmethoden bei Migräne

Entspannungsmethoden sind ein wichtiger Bestandteil der Migräneprophylaxe. Warum das so ist, was genau dabei im Körper passiert und welche Übungen es gibt, erfährst du hier.

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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App

Entspannung ist ein wichtiges Element in der vorbeugenden Migränetherapie und kann – regelmäßig durchgeführt – prophylaktisch gegen Migräneattacken helfen. Bewährte Entspannungstechniken bei Migräne sind die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training und jegliche Form der Atem-Meditation. 

Warum Entspannungsmethoden Migräne und Kopfschmerzen vorbeugen können, wie sich die Entspannung auf deinen Körper auswirkt und wie du sie am besten in deinen Alltag einbindest, darum geht in diesem Artikel.

Was hilft bei Migräne?

In einigen unserer Blogartikel haben ich und meine Kolleg:innen schon die unterschiedlichsten Therapieansätze sowie diverse Tipps und Tricks im Umgang mit Migräne vorgestellt. Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen der Behandlung eines akuten Anfalls und der vorbeugenden Therapie von Migräne-Attacken. 

Zur vorbeugenden Migränetherapie zählen neben verschiedenen Prophylaxe-Medikamenten auch aktive Therapieansätze wie Bewegungs- und Entspannungsübungen. Diverse klinische Studien haben gezeigt, dass solche Therapie-Methoden – regelmäßig angewendet – die Häufigkeit und Intensität der Attacken durchschnittlich um 40% reduzieren können1,2.

Warum brauchen Patient:innen mit Migräne überhaupt Entspannung?

Als mögliche Ursache von Migräne wird eine genetische Veranlagung zu einer Reizverarbeitungsstörung diskutiert. Die Vermutung dahinter ist, dass das Migräne-Gehirn ständig unter Hochspannung steht und daher besonders sensibel auf bestimmte Reize reagiert. Vielen Migräne-Betroffenen ist diese Sensibilität z.B. in Form von Geruchs-, Lärm- oder Lichtempfindlichkeit bekannt.

Aber auch Änderungen im Stress- und Aktivitätslevel, Schlaf-Wach-Rhythmus sowie Blutzucker- und Hormonschwankungen können das sensible Migräne-Hirn aus der Bahn werfen. So kann die berühmte Wochenend-Migräne beispielsweise aufgrund von veränderten Verhaltensweisen wie z.B. weniger Kaffeekonsum, längeres Ausschlafen oder Entspannung am Wochenende entstehen. Daher wird Migräne-Betroffenen angeraten generell Regelmäßigkeit in ihr Leben zu bringen. Entspannungsübungen können helfen das Gehirn immer wieder runterzufahren und somit widerstandsfähiger gegen Migräne-Attacken zu machen.

Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich mit der Kipppunkt-Theorie und dem Migränezyklus auseinandersetzen. Dann versteht man auch, warum vermeintliche Auslöser manchmal einen Anfall triggern und manchmal nicht. Das hängt nämlich auch damit zusammen, in welcher Phase des Migränezyklus man sich befindet. 

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Studienlage: Hilft Entspannung bei Migräne?

In zahlreichen Studien3-5 wurde nachgewiesen, dass die regelmäßige Anwendung von Entspannungstechniken langfristig die Anzahl der Migräne-Attacken deutlich reduzieren kann. In einem Auszug aus den medizinischen Leitlinien zur Wirksamkeit von Entspannungsverfahren und Kognitiver Verhaltenstherapie bei Migräne & Kopfschmerzen1 heißt es beispielsweise:

„Durch Entspannungsverfahren soll das allgemeine Aktivierungsniveau reduziert werden. Hintergrund ist, dass neben einer allgemeinen entspannenden Wirkung auch eine zentrale Dämpfung der Informationsverarbeitung erreicht werden soll. (…) Durch Entspannung werden auch Angstzustände reduziert, was wiederum die Schmerztoleranz erhöht und zumindest den subjektiven Schmerzbericht reduziert.“

In diversen Studien konnte zudem gezeigt werden, dass die Effektivität von Entspannungstechniken zur Vorbeugung von Migräneattacken sogar mit einer medikamentösen Prophylaxe vergleichbar sein kann4

Eine aktuelle Metaanalyse (eine Betrachtung mehrerer Studien) zu psychologischen Interventionen bei Migräne beobachtete zudem keinen Unterschied im Behandlungserfolg zwischen Verhaltenstherapie, Biofeedback und Entspannungstraining6. Das heißt Entspannungsübungen sind genauso erfolgreich in der Migräneprophylaxe wie Biofeedback und Verhaltenstherapie. Das sind doch mal gute Nachrichten!

Was genau passiert im Körper, wenn er sich entspannt?

Regelmäßig praktizierte Entspannungsübungen führen generell zu seelischer Gelassenheit. Aber auch auf der körperlichen Ebene kommt es zu einer Vielzahl an Reaktionen:

  • Veränderung der hirnelektrischen Aktivität
  • Dämpfung der Informationsverarbeitung im Gehirn
  • Entspannung der Muskulatur
  • Gleichmäßigere und ruhigere Atemfrequenz und Bauchatmung
  • Verlangsamter Puls
  • Erweiterung der Blutgefäße
  • Senkung des Blutdrucks

Durch tiefe Entspannungszustände werden im Gehirn Alphawellen ausgelöst. Diese zeigen den Übergang zwischen Schlafen und Wachen an. Genau dieser Zustand führt zu einer Dämpfung der Informationsverarbeitung im Gehirn und kann so Migräneattacken vorbeugen und die schmerzfreie Phase zwischen zwei Attacken verlängern. 

Natürlich führen auch ein Spaziergang, genüssliches Lesen oder eine Tasse Tee zu Entspannung, aber Entspannungsübungen mit gezielter Anleitung wirken tiefgehender und haben somit einen wesentlich größeren Effekt.

Aber Vorsicht: Entspannungstechniken sind nicht für alle Menschen geeignet. Menschen mit einer Psychose oder Hypochondrie sollten sich zunächst mit einem:r Psychiater:in besprechen. 

Und während Entspannungsübungen bei Spannungskopfschmerzen auch im akuten Anfall gut helfen können, sollte man während einer Migräneattacke lieber auf Entspannungsverfahren verzichten. Während der Attacke bieten sich stattdessen andere Techniken wie beispielsweise Imaginationen an, um den Schmerz zu verringern.

Welche Entspannungstechniken können bei Migräne helfen?

Bewährte Entspannungstechniken bei Migräne sind die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training und jegliche Form der Atem-Meditation. 

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson (kurz: PMR) wird bereits seit den frühen siebziger Jahren zur Migränevorbeugung eingesetzt und ist eine der am häufigsten angewandten und gut erforschten Entspannungstechniken7

Es handelt sich dabei um eine systematische Entspannungstechnik, die darauf abzielt, große Muskelgruppen durch den Wechsel von Anspannung und Entspannung anzusprechen. Eine aktuelle Studie belegt, dass regelmäßiges PMR-Training, über mehrere Wochen hinweg, die zentrale Informationsverarbeitung beeinflusst und die Häufigkeit von Migräneattacken im Vergleich zur Kontrollgruppe reduziert8.

Autogenes Training

Eine weitere häufig verwendete Entspannungstechnik ist das Autogene Training. Dabei handelt es sich um eine Methode, die mehrere Stufen der Suggestion vorsieht, um einen Übergang von Anspannung zu mehr Entspannung zu meistern9. Dabei werden Sätze wie “Ich bin ganz ruhig und entspannt” benutzt, um in einen ruhigeren Zustand zu gelangen. 

Autogenes Training hat sich als wirksam zur Linderung von Kopfschmerzsymptomen10 und zur Reduktion der Einnahme von Schmerzmedikamenten erwiesen11.

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Atem-Meditation

Bei einer Atem-Meditation konzentriert man sich auf seinen Atem, versucht Ruhe in seine Gedanken zu bringen und sich zu fokussieren.

In einer Studie von John et al. (2007)12 konnte gezeigt werden, dass Migräne-Betroffene mittels Yogaübungen, Atemtechniken, Entspannungsübungen und Meditation eine signifikante Reduktion der Anzahl der Migräne-Tage, der Schmerzintensität, Medikamenteneinnahme, Angst und Depression erwirken können. 

Wer Yoga macht, schlägt sogar zwei Fliegen mit einer Klappe: Denn die Wirksamkeit von Yoga auf Migräne und Spannungskopfschmerzen wurde in mehreren Studien13,14 nachgewiesen und Yoga beinhaltet viele Atem-Meditationen. Aber auch wenn du kein Super-Yogi bist, kannst du Atem-Meditationen leicht erlernen.

Darüber hinaus hilft mir im akuten Migräneanfall jegliche Form der Ablenkung wie z.B. sich auf nicht schmerzende Stellen des Körpers konzentrieren, aber auch stumpfes Fernsehen oder das Hören eines Podcasts.

Studien bestätigen meine Erfahrung: Tracey et al. (2002)15 z.B. untersuchten die Auswirkungen von Aufmerksamkeit auf die Schmerzwahrnehmung. Es zeigte sich, dass die Proband:innen, die sich von den schmerzhaften Reizen ablenken ließen, weniger Schmerzen wahrnahmen als die Proband:innen, die sich mit den schmerzhaften Reizen beschäftigten. Nicht nur die Schmerzwahrnehmung veränderte sich, sondern auch die Aktivierung von Regionen im Hirnstamm, die für die Schmerzmodulation verantwortlich sind.


Wie oft Entspannungsübungen?

Je regelmäßiger du Entspannungsübungen durchführst, desto eher lernen dein Gehirn und dein Körper runterzufahren und sich zu entspannen. Daher ist tägliches Üben empfehlenswert. Ist das für dich nicht machbar, versuch mindestens dreimal die Woche eine Übung durchzuführen. Denn nur dann erfährst du auch einen Effekt auf deine Kopfschmerzen. Dabei solltest du anfangs immer die gleiche Übung nutzen damit der Lernprozess angeregt wird. 

Deinen inneren Schweinehund kannst du übrigens wunderbar überlisten, indem du Entspannungsübungen zur täglichen Routine machst und so gar nicht mehr drüber nachdenken musst ob es nun passt oder nicht. 

Meine morgendliche Routine läuft mittlerweile folgendermaßen ab: Nach dem Aufstehen setze ich mich in meinen Gemütlich-Klamotten an meinen Lieblingsort, trinke meinen geliebten Morgenkaffee und führe dazu mein Dankbarkeitstagebuch. Direkt danach führe ich zehn Minuten lang eine Entspannungsübung durch. Erst danach ziehe ich mich an und starte in den Tag. Wobei da dann an drei Tagen der Woche auch gleich meine nächste Routine in Form von einer weiteren äußerst effektiven Migräneprophylaxe folgt: Ausdauersport!

Du kannst Entspannungsmethoden sowohl im Liegen als auch im Sitzen durchführen. Bequem sollte es sein. Im Liegen läuft man leider Gefahr einzuschlafen und so die Entspannung zu verpassen – daher wird Sitzen empfohlen. 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass verschiedene Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training und Atemmeditation sowie Imaginations-Techniken potente, nicht-pharmakologische Lösungen zur Vorbeugung von Kopfschmerzen und Migräne, zur Schmerzlinderung und zur Reduzierung der Medikamenteneinnahme darstellen und somit die gesamte Lebensqualität von Kopfschmerzpatient:innen positiv beeinflussen können.

Das Tolle ist: Für Entspannungsübungen brauchst du nur 10 Minuten Zeit, am besten eine geführte Anleitung und einen ruhigen Rückzugsort. Viel Erfolg!

Quellen

  1. Kropp P, et al. (2016): „Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutische Interventionen zur Behandlung der Migräne.“ In: Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Nervenheilkunde. 32, S. 502-15.
  2. Overath C.H., et al. (2014): „Does an aerobic endurance program have an influence on information processing in migraineurs?“ In: Journal of Headache and Pain. Issue 15, S. 11.
  3. Minen, Mia T. et al. (2020): „Smartphone-Delivered Progressive Muscle Relaxation for the Treatment of Migraine in Primary Care: A Randomized Controlled Trial.“ In: Headache. The Journal of Head and Face Pain. 60/10. S. 2232-46.
  4. Varkey, E. et al. (2011): „Exercise as migraine prophylaxis: A randomized study using relaxation and topiramate as controls.“ In: Cephalalgia, 31(14), S. 1428-38.
  5. D’Souza, P. J. et al. (2008): „Relaxation Training and Written Emotional Disclosure for Tension or Migraine Headaches: A Randomized, Controlled Trial.“ In: Annals of Behavioral Medicine, 36(1), S. 21.
  6. Sullivan, A. et al. (2016): „Psychological interventions for migraine: a systematic review.“ In: Journal of Neurology, 263(12), S. 2369-77. 
  7. Buse, D. C. et al. (2009): „Behavioral Medicine for Migraine.“ In: Neurologic Clinics, 27(2), S. 445–465.
  8. Meyer, B. et al. (2016): „Progressive muscle relaxation reduces migraine frequency and normalizes amplitudes of contingent negative variation (CNV).“ In: The Journal of Headache and Pain, 17(1), S. 37.
  9. Seo, E. et al. (2018): „Effectiveness of autogenic training on headache: A systematic review. Complementary Therapies in Medicine, 39, S. 62–67.
  10. Zitman, F. G. et al. (1992): „Hypnosis and autogenic training in the treatment of tension headaches: A two-phase constructive design study with follow-up.“ In: Journal of Psychosomatic Research, 36(3), S. 219–228.
  11. Zsombok, T. et al. (2003): „Effect of Autogenic Training on Drug Consumption in Patients With Primary Headache: An 8-Month Follow-up Study.“ In: Headache: The Journal of Head and Face Pain, 43(3), S. 251–257.
  12. John, P.J. et al. (2007): „Effectiveness of yoga therapy in the treatment of migraine without aura: a randomized controlled trial.“ In: Headache, 47, S. 654–661.
  13. Kisan, R. et al. (2014): „Effect of Yoga on migraine: A comprehensive study using clinical profile and cardiac autonomic functions.“ In: International Journal of Yoga, 7(2), S. 126–132.
  14. Bhatia, R. et al. (2007): „Role of temporalis muscle over activity in chronic tension type headache: effect of yoga based management.“ In: Indian Journal of Physiol Pharmacology, 51(4), S. 333-44.
  15. Tracey, I. et al. (2002): „Imaging Attentional Modulation of Pain in the Periaqueductal Gray in Humans.“ In: Journal of Neuroscience, 22(7), S. 2748–2752.

Über den/die Autor:in

Foto des Autors

Miriam Jansen

Miriam musste wegen chronischer Migräne ihren Beruf aufgeben - und wurde in dieser Zeit zur Migräne-Expertin. Die Migräne hat ihr zu einem radikalen Lebenswandel verholfen: Sie lebt nun als digitale Nomadin in ihrem Bus und arbeitet als Texterin & als Schäferin auf einer Alp.
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