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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App
Was ist Ibuprofen?
Ibuprofen wurde in den 50er und 60er Jahren von dem britischen Wissenschaftler Stewart Adams und seinem Team entwickelt. Ursprünglich wollte man ein entzündungshemmendes Medikament entwickeln, das eine sicherere Alternative zu Aspirin darstellt. Die schweren Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt sollten mit dem neuen Arzneimittel abgemildert werden. Die Wissenschaftler:innen brauchten fast 15 Jahre von der Idee bis zur Zulassung des Medikaments in Großbritannien1. Heute ist Ibuprofen gar nicht mehr wegzudenken. Das frei verkäufliche Arzneimittel steht sogar auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO2.
Hier erfährst du, wie Ibuprofen eigentlich wirkt, wann du es (nicht) einnehmen solltest und welche Alternativen es gibt.
Ibuprofen – Wirkung und Nebenwirkung
Bei Ibuprofen handelt es sich um ein Arzneimittel aus der Gruppe der sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatika (kurz: NSAR). Das klingt kompliziert, ist aber eine sehr häufig eingesetzte Arzneimittelgruppe bei Schmerzen, Entzündungen und Fieber. Zu den NSAR gehören neben Ibuprofen (z.B. Dolormin) zum Beispiel Acetylsalicylsäure (häufig auch bekannt als Aspirin) oder Diclofenac3.
Ibuprofen ist ein sogenannter nicht-selektiver COX-Inhibitor. Klingt irgendwie noch komplizierter – also was genau ist damit gemeint? Dazu müssen wir einen kurzen Ausflug in die Physiologie des Menschen machen. Um eine Entzündungs- oder Schmerzreaktion sowie Fieber auszulösen, müssen bestimmte körpereigene Mediatoren – also Botenstoffe – gebildet werden. Diese Mediatoren heißen Prostanoide und beschreiben eine ganze Gruppe an Botenstoffen. Sind diese Botenstoffe erst einmal gebildet, können sie Schmerzrezeptoren sensibler für Schmerzreize machen sowie Entzündungsreaktionen und Fieber auslösen3,4.
Prostanoide müssen zunächst aus bestimmten Vorläuferstoffen hergestellt werden. Und dafür wird ein ganz bestimmtes Enzym benötigt: die Cyclooxygenase-2 oder kurz COX-2. Ohne COX-2 können die Botenstoffe für Schmerzen, Entzündungen und Fieber nicht produziert werden. Und hier kommt das Ibuprofen ins Spiel. Denn wie eben schon einmal erwähnt, ist Ibuprofen ein COX-Inhibitor. Mit anderen Worten, Ibuprofen hemmt COX-2, sodass das Enzym seine Wirkung nicht mehr entfalten kann. Es werden über diesen Weg keine Prostanoide mehr gebildet. Die schmerzlindernde, entzündungshemmende und fiebersenkende Wirkung von Ibuprofen kann so erklärt werden3,4.
Aber wie bei jedem Medikament gibt es auch bei Ibuprofen Nebenwirkungen. Denn der Arzneistoff ist nicht-selektiv, und hemmt daher nicht nur das Enzym COX-2, sondern auch ein weiteres Enzym namens COX-1. Diese beiden Enzyme klingen nun erst einmal sehr ähnlich, haben aber verschiedene Aufgaben. Denn während COX-2 die oben genannten Effekte erzielt, fördert COX-1 die Entstehung von anderen Botenstoffen. Und diese schützen die Magen- und Darmschleimhaut und sorgen für eine Gefäßweitung in den Nieren, wodurch insgesamt mehr Blut gefiltert wird und mehr Wasser und Natrium über die Nieren ausgeschieden werden. Auch an anderen Gefäßen sorgen sie für eine Gefäßweitung und sind wichtig für die Blutgerinnung3.
Leider hemmt Ibuprofen beide Enzyme. Das heißt, es werden nicht nur Schmerzen, Fieber und Entzündungen gestoppt, sondern auch die wichtigen protektiven Effekte. Das Risiko für folgende schwere Nebenwirkungen ist erhöht3,5:
- Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre
- Erhöhtes Blutungsrisiko im Magen-Darm-Trakt
- Nierenschäden (inklusive Wassereinlagerungen und Bluthochdruck)
- Schlaganfall und Herzinfarkt
Solche schweren Nebenwirkungen können jedoch erst bei längerem bzw. dauerhaftem Gebrauch auftreten. Um die Magenschleimhaut zu schützen, wird bei längerem Gebrauch von Ibuprofen häufig ein weiteres Medikament verabreicht (z.B. Pantoprazol)3.
Pantoprazol hemmt die Produktion von Magensäure und wird deshalb auch als Säureblocker bezeichnet. Durch einen längeren Gebrauch von Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure ist die Magenschleimhaut nicht mehr ausreichend vor der Magensäure geschützt. Deswegen werden Säureblocker gerne zum Schutz vor Blutungen oder Geschwüren im Magen-Darm-Trakt eingesetzt.
Dass weniger Magensäure produziert wird, kann aber auch zum Problem werden. Denn die Aufnahme einiger Vitamine und Mineralstoffe ist abhängig von der Magensäure, dem sauren pH-Wert und einer intakten Magenschleimhaut. Ein dauerhafter Gebrauch von Säureblockern wie Pantoprazol kann daher zu einem Mangel an Vitamin B12, Vitamin D, Calcium, Magnesium und Eisen führen3,6.
Häufigere Nebenwirkungen von Ibuprofen können sein3,5:
- Überempfindlichkeitsreaktionen gegen das Medikament selbst
- Magen-Darm-Beschwerden, wie:
- Sodbrennen
- Bauchschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Verstopfung
- Durchfall
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Müdigkeit oder Schlaflosigkeit
- Hautausschlag/ Nesselsucht
- Atemnot/ asthmatische Beschwerden
Ibuprofen – wann wird es eingesetzt?
Ibuprofen wird bei leichten bis mittleren Schmerzen, Fieber und Entzündungen eingesetzt. Hier findest du eine Übersicht der Anwendungsgebiete5:
- Leichte bis mittlere Schmerzen
- (Spannungs-) Kopfschmerzen
- Zahnschmerzen
- Menstruationsschmerzen
- Fieber
- Schwellungen oder Entzündungen nach einer Verletzung
- Rheumatische Erkrankungen
- Akute oder chronische Gelenkentzündungen
- Arthrose, Rheumatoide Arthritis, Osteo-Arthritis
- Gicht
Ibuprofen kann auch zur Behandlung von akuten Migräneattacken eingesetzt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) empfiehlt in ihrer Leitlinie, leichte bis mittelstarke Migräneattacken zunächst mit Schmerzmitteln wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen zu behandeln7.
Kontraindikationen – Wann du Ibuprofen nicht einnehmen solltest
Bei einigen Erkrankungen oder in bestimmten Situationen solltest du auf die Einnahme von Ibuprofen verzichten. Dazu zählen3,5:
- Überempfindlichkeit gegen die Inhaltsstoffe
- Magen- oder Darmgeschwüre sowie Blutungen im Magen-Darm-Trakt
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Koronare Herzerkrankungen
- Blutbildungs- oder Gerinnungsstörungen
- Eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion
Besteht die Gefahr einer Gefäßverengung am Herzen (z.B. durch Fettstoffwechselstörungen, Diabetes oder Rauchen), sollte Ibuprofen unter Umständen nicht eingesetzt werden. Kinder unter 15 Jahren sowie Schwangere sollten Ibuprofen ebenfalls nicht einnehmen3,5.
Wenn du dir nicht sicher bist, ob Ibuprofen für dich geeignet ist, sprich am besten mit deinem behandelnden Arzt/ deiner Ärztin oder einer Apotheker:in. Ibuprofen kann außerdem mit einigen anderen Arzneimitteln wechselwirken. Dazu zählen Glucocorticoide, Lithium, Methotrexat sowie Medikamente gegen Bluthochdruck und zur Hemmung der Blutgerinnung. Auch hier solltest du dich im Zweifel beraten lassen3,5.
Alternativen zu Ibuprofen
Natürlich ist Ibuprofen nicht immer das Mittel der Wahl. Es gibt diverse medikamentöse und nicht-medikamentöse Möglichkeiten, Ibuprofen zu ersetzen.
Medikamentöse Alternativen
Im Falle von Schmerzen, Entzündungen oder Fieber kann Ibuprofen durch andere NSAR ersetzt werden. Das sind zum Beispiel Acetylsalicylsäure („Aspirin“) oder Diclofenac. Auch Paracetamol wird häufig für die Behandlung von Schmerzen und Fieber verwendet und ist außerdem die erste Behandlungswahl während einer Schwangerschaft. Im Gegensatz zu den NSAR wirkt Paracetamol jedoch nicht entzündungshemmend3.
Sind die Schmerzen zu stark, müssen auch stärkere Schmerzmittel verwendet werden. Diese Arzneimittel sind allerdings nicht frei verkäuflich, sodass ihre Einnahme immer mit einem Arzt oder einer Ärztin abgesprochen werden muss. Auch bei Migräne reichen Arzneimittel wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure nicht unbedingt aus. Es gibt aber eine Reihe weiterer Medikamente zur Migräneprophylaxe oder Migräne Medikamente für den Akutfall, wie Triptane und CGRP-Antikörper3.
Nicht-medikamentöse Alternativen
Nicht immer muss sofort medikamentös behandelt werden. Gerade leichte (Spannungs-) Kopfschmerzen lassen sich auch anders gut behandeln. Dann fällt auch die Gefahr vor Nebenwirkungen weg. Davon abgesehen kann ein dauerhafter Gebrauch von Schmerzmitteln wie Ibuprofen zu einem Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz (MÜK) führen. Das heißt, die Schmerzmittel lösen dann selbst Kopfschmerzen aus8,9.
Ein häufiger bzw. dauerhafter Gebrauch von Schmerzmedikamenten wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol kann selbst Kopfschmerzen auslösen. Das bezeichnet man als Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz, oder kurz MÜK. Circa 1 bis 2 von 100 Personen leiden darunter. Von einem „Übergebrauch“ spricht man bei einem Schmerzmittelgebrauch an mehr als 15 Tagen im Monat8,9.
Die Frage ist, woher kommen die (Spannungs-) Kopfschmerzen? Hast du den ganzen Tag in einem stickigen Raum gesessen? Dann kann dir schon frische Luft helfen. Hast du den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen und auf einen Bildschirm gestarrt? Oder hast du Verspannungen in der Nacken-, Schulter- und Rückenmuskulatur? Dann könnte dir Sport und Bewegung helfen10. Ein häufiger Auslöser ist außerdem Stress. Hier können Atemtechniken, Yoga, Meditation und Achtsamkeitsübungen helfen11,12. Auch zu wenig oder unregelmäßiges Essen und Trinken können Kopfschmerzen auslösen13.
Neuere wissenschaftliche Studien zeigen außerdem, dass es einen Zusammenhang zwischen Migräne und einem stark schwankenden Blutzuckerspiegel gibt. Und welche Lebensmittel zu solchen Blutzuckerschwankungen führen, ist individuell unterschiedlich14,15. Mit sinCephalea gibt es eine Digitale Gesundheitsanwendung, also eine „App auf Rezept“ zur Migräneprophylaxe. Durch eine 14-tägige Testphase kannst du herausfinden, welche Lebensmittel in welcher Kombination deinen Blutzucker stabil und niedrig halten und so die Häufigkeit und Intensität der Migräneattacken reduzieren14.
Fazit
Ibuprofen ist ein frei verkäufliches Schmerzmittel, das sogar auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO steht. Es hat eine schmerzlindernde, entzündungshemmende und fiebersenkende Wirkung. Daher wird Ibuprofen bei leichten bis mittleren Schmerzen, Fieber, Schwellungen und Entzündungen nach einer Verletzung sowie bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Neben den erwünschten Wirkungen hat ein dauerhafter Gebrauch von Ibuprofen auch eine Reihe unerwünschter Wirkungen. Dazu zählen ein erhöhtes Blutungsrisiko und Geschwüre im Magen-Darm-Trakt, Nierenschäden sowie ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Zu Ibuprofen gibt es verschiedene Alternativen. Beispielsweise können andere Medikamente wie Acetylsalicylsäure oder Paracetamol eingesetzt werden. Auch nicht-medikamentöse Therapien wie die sinCephalea Migräneprophylaxe können Migräne in der Range einer medikamentösen Therapie reduzieren. So fällt auch das Risiko von Nebenwirkungen weg.
Quellen
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- World Health Organization (WHO). Model List of Essential Medicines. Im Internet: https://list.essentialmeds.org/
- Freissmuth M, Offermans S, Böhm S. Pharmakologie und Toxikologie: Von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie. Springer Berlin Heidelberg 2020
- Drugbank: Ibuprofen. Im Internet: https://go.drugbank.com/drugs/DB01050
- Beipackzettel: Ibuprofen. Im Internet: http://www.beipackzettel.de/medikament/Ibuprofen%2520AL%2520400%2520Filmtabletten/A02634
- Chinzon D, Domingues G, Tosetto N, Perrotti M. SAFETY OF LONG-TERM PROTON PUMP INHIBITORS: FACTS AND MYTHS. Arq Gastroenterol. 2022 Apr-Jun;59(2):219-225. doi: 10.1590/S0004-2803.202202000-40
- Diener HC, Förderreuther S, Kropp P et al. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, DGN und DMKG, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Im Internet: www.dgn.org/leitlinien
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- Lelleck VV, Schulz F, Witt O, Kühn G, Klein D, Gendolla A, Evers S, Gaul C, Thaçi D, Sina C, Schröder T. A Digital Therapeutic Allowing a Personalized Low-Glycemic Nutrition for the Prophylaxis of Migraine: Real World Data from Two Prospective Studies. Nutrients. 2022 Jul 17;14(14):2927. doi: 10.3390/nu14142927
- Zeevi, D., Korem, T., Zmora, N. et al. (2015). Personalized Nutrition by Prediction of Glycemic Responses. Cell. 163(5):1079-1094. doi: 10.1016/j.cell.2015.11.001