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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App
Was ist Akupunktur?
Akupunktur ist eine Behandlungsmethode der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), bei der feine Nadeln an bestimmten Punkten des Körpers gesetzt werden, um gewisse Wirkungen zu erzielen. Die mehr als 2000 Akupunkturpunkte, an denen die Nadeln gesetzt werden können, liegen entlang der sogenannten Meridiane. Dies sind laut TCM die „Energiebahnen unseres Körpers“, durch die unsere Lebensenergie (Qi) fließen sollen. Die TCM geht davon aus, dass Krankheiten durch ein Ungleichgewicht der „Energien“ in unserem Körper hervorgerufen werden.1
Diese Form der Reiztherapie wird als schmerzarm und entspannend beschrieben. Die Anzahl der Behandlungen können je nach Zustand/Erkrankung und nach deinen individuellen Bedürfnissen variieren. Akupunktur-Behandlungen werden sowohl kurz vor als auch während einer Migräneattacke sowie als Migräneprophylaxe eingesetzt.1
Wie wirkt Akupunktur?
Wie Akupunktur genau wirkt, ist nicht vollständig geklärt. Mögliche Wirkmechanismen der Akupunktur sind1:
- Laut TCM die Regulierung des „Energie-Flusses“: Energiedifferenzen im Körper sollen durch die Akupunktur ausgeglichen werden.
- Stimulation durch Reizsetzung: Es wird angenommen, dass durch das Setzen von Nadeln an bestimmten Akupunkturpunkten Hormone und Neurotransmitter freigesetzt werden, die für eine Schmerzlinderung sorgen könnten.
- Regulation des Muskeltonus: Akupunktur kann die Spannung in den Muskeln entweder reduzieren oder erhöhen und somit entspannend oder anregend wirken.
- Schmerzlinderung, indem z.B. die Durchblutung gefördert wird.
Wann wird Akupunktur ergänzend eingesetzt?
Akupunktur wird in den allermeisten Fällen ergänzend zur Behandlung von diversen gesundheitlichen Problemen eingesetzt. Laut WHO (World Health Organisation) ist Akupunktur wirksam bei1 :
- neurologischen Erkrankungen wie z.B. Lähmungen nach einem Schlaganfall und Migräne
- akuten und chronischen Schmerzen
- Verdauungs- und Schlafstörungen
- Stress und Angstzuständen
- gynäkologischen Krankheitsbildern z.B. zur Linderung von Menstruationsbeschwerden
- Atemwegserkrankungen wie z.B. Asthma Bronchiale oder Bronchitis
- Herz-Kreislauferkrankungen wie z.B. Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck
- Suchterkrankungen
Wer darf eine Akupunktur durchführen?
Stelle unbedingt sicher, dass die Person, die Akupunktur bei dir durchführt, über eine erforderliche Ausbildung, Kompetenz und Fachkenntnis verfügt, um eine Behandlung bei dir durchzuführen.
In Deutschland dürfen Akupunktur-Behandlungen nur von speziell ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. Dazu zählen Ärztinnen und Ärzte, Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker sowie Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, wenn diese eine zusätzliche Qualifikation in Akupunktur erworben haben. Sowohl die deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. als auch der Fachverband für chinesische Medizin bieten Suchfunktionen für qualifizierte Fachkräfte auf ihren Webseiten an.
Kosten einer Akupunktur bei Migräne
Akupunktur wird aktuell nicht über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet. Einzelne Krankenkassen können jedoch Ausnahmen machen oder Zusatzversicherungen anbieten. Informiere dich am besten bei deiner Krankenkasse. Laut der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. kostet eine Sitzung je nach Dauer zwischen 30 bis 70 Euro. Die Expertinnen und Experten des IGeL-Monitors, die Selbstzahlerleistungen unter die Lupe nehmen, bewerten die Behandlung trotzdem als tendenziell positiv2.
Für wen ist Akupunktur geeignet?
Bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. bei gewissen Hautveränderungen oder schweren Tumorerkrankungen ist Akupunktur eigentlich für jede und jeden geeignet1. Besonders schwangere Migräne-Betroffene können von Akupunktur profitieren, da sie sich auf nicht-medikamentöse Methoden konzentrieren müssen, da nicht alle Medikamente während einer Schwangerschaft angewendet werden können. Neben niedrig-glykämischer Ernährung, Entspannungsmethoden und Biofeedback wird in diesen Fällen eben auch Akupunktur empfohlen. Es sollte allerdings auch hier mit besonderer Vorsicht genadelt werden.1,3 Des weiteren hat sich gerade für die Vorbeugung von Spannungskopfschmerzen die Methode als wirksam erwiesen im Gegensatz zu Cluster-Kopfschmerzen, wo Akupunktur auch Migräneattacken auslösen kann. Es sollte somit immer vorerst abgeklärt werden, welche Form von Migräne überhaupt vorliegt.
Auch für Migräne-Betroffene, die bspw. unter den Nebenwirkungen einer Medikation leiden oder aus anderen Gründen gerne nicht-medikamentöse Alternativen nutzen möchten, könnte eine Akupunktur-Behandlung infrage kommen, um Migräne vorzubeugen. In diesen Fällen kommt auch die Anwendung einer niedrig-glykämischen Ernährung als Migräneprophylaxe infrage – zum Beispiel mit der Migräne-App auf Rezept sinCephalea4. Du kannst dir die App ganz einfach in deiner Praxis oder per Videosprechstunde verschreiben lassen, wenn bei dir Migräne diagnostiziert wurde.
Akupunktur bei Migräne: Durchführung und Nebenwirkungen
Bei der Akupunktur der Migräne wird in der Regel zweimal in der Woche therapiert. Eine Sitzung dauert 20 bis 30 Minuten. Im Durchschnitt sind rund 15 Akupunktur-Behandlungen erforderlich, wobei erste Erfolge meist nach der Hälfte der Sitzungen eintreten. In extremen Einzelfällen kann es erst nach 30 bis 40 Behandlungen zu einer langfristigen Besserung kommen. Einige Monate nach Beendigung der Therapie wird eine Auffrischungsbehandlung empfohlen, um einen Langzeiterfolg zu sichern5.
Akupunktur gilt dabei als nebenwirkungsarm. Dennoch können leichte vorübergehende Nebenwirkungen wie Schmerzen, Hautrötungen, kleine Blutungen oder Blutergüsse an den Einstichstellen auftreten. Auch eine Erstverschlimmerung der Symptome sowie Müdigkeit oder Schwindel können auftreten.1
Kann Akupunktur bei Migräne helfen?
Vereinzelte Studien berichten von einer sehr guten Wirksamkeit von Akupunktur mit Rückgängen der Attacken Häufigkeit von 50 bis 80 Prozent.6Andere Studien konnten das wiederum nicht bestätigen. Das liegt wahrscheinlich auch an der unterschiedlichen Studienqualität. In der aktuellen Leitlinie zur Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne wurde sich daher auf folgendes verständigt:
„Es liegen Hinweise auf eine Wirkung der Akupunktur bei der Behandlung des akuten Migräneanfalls vor, jedoch lässt die Qualität der vorliegenden Studien keine eindeutigen Empfehlungen zu.“
Vereinzelte Studien berichten wiederum von Rückgängen der Attacken Häufigkeit von 50 bis 80 Prozent.6
Akupunktur als Akutmaßnahme
Zum Beispiel wurde in einer deutschen Studie die Wirksamkeit von Akupunktur mit der Subkutan-Injektion von Sumatriptan (6 mg) sowie einer Kochsalzlösung (Placebo) in der akuten Attacke verglichen. Dabei waren Akupunktur und Sumatriptan gleichwertig dem Placebo überlegen.7 Auch in einer chinesischen Studie war die Akupunktur einer Scheinakupunktur bezüglich der Reduzierung von Schmerzintensität und Akutmedikationseinnahme überlegen.8 Als Placebo wird in den meisten Studien die Scheinakupunktur gewählt, bei dem die Nadelung an Körperstellen erfolgt, die nicht zur vorgesehenen Akupunktur gehören – das Problem: auch diese Behandlung zeigte häufig Wirkung, was teilweise durch die Erwartungshaltung der Teilnehmenden erklärt wird9. Deshalb ist es umstritten, ob die Wirksamkeit der Behandlung nicht auch auf dem Placeboeffekt beruht.
Zusammenfassend wird Akupunktur in verschiedenen Übersichtsarbeiten als eine mögliche effektive Behandlungsmethode im Akutfall dargestellt – auch weil sie im Vergleich mit Medikamenten fast keine Nebenwirkungen aufweist.10,11 Da die Qualität der Studien jedoch teilweise unzureichend ist, bestehen aktuell nur geringe wissenschaftlich fundierte Nachweise und entsprechende Empfehlungen über die Wirksamkeit von Akupunktur.
Akupunktur als Migränepropyhlaxe
Auch in der Migräneprophylaxe zeigt sich die traditionelle chinesische Akupunktur einer Scheinakupunktur als Placebo überlegen. Allerdings ist die aktuelle Studienlage nur schwer zu vergleichen und teilweise widersprüchlich3
Ein Beispiel: Während in einer Übersichts-Studie von 2009 noch keine Überlegenheit der Akupunktur gegenüber der Scheinakupunktur nachgewiesen werden konnte, zeigte sich in einer Neubewertung der Daten 2016 Hinweise darauf.12,13 Die darin betrachteten Studien sowie auch die Ergebnisse einer weiteren Metaanalyse lassen sogar deuten, dass Akupunktur ähnlich wirksam wie eine medikamentöse Prophylaxe sein kann.13,14 Was klar ist, ist das nachweislich weniger Nebenwirkungen bei der Behandlung mit Akupunktur auftreten als mit Medikamenten.
Des weiteren konnten Forschende einen eindeutigen Effekt von Akupunktur auf Ängstlichkeit und Depressivität bei Migräne-Betroffenen nachweisen. Dieser war sogar über einen Zeitraum von zehn Jahren zu beobachten.15 Da Angststörungen und Depressionen zu den sogenannten Komorbiditäten von Migräne gehören und der Verdacht besteht, dass sie sich gegenseitig bedingen, könnte dies eine effektive Wirkmöglichkeit darstellen.
Insgesamt kann man also sagen, dass Akupunktur eine potentiell wirksame und sichere Migräneprophylaxe darstellt.16,17 Die Qualität der Studien zur Akupunktur bei Migräne ist nicht ausreichend, weshalb die aktuelle Datenlage keine Rückschlüsse auf eine eindeutige Wirksamkeit zulässt.
Migräne Piercing
Übrigens: Auch das sogenannte Migräne Piercing (auch: Daith Piercing), ein Piercing im Bereich des Ohrknorpels, arbeitet mit einem Akupunkturpunkt. Laut Leitlinien (2022) fehlen aber auch hier aussagekräftige Studien. Einige Betroffene berichten dennoch von einer Verbesserung ihrer Migräne3.
Fazit
Akupunktur kann sowohl bei akuten Migräneattacken als auch prophylaktisch bei Migräne eingesetzt werden. Leider ist die Studienlage nicht ganz eindeutig, sodass die Deutsche Gesellschaft für Neurologie derzeit noch keine explizite Empfehlung ausspricht. Dennoch kannst du eine Akupunktur, gerade als Ergänzung zu andern medikamentösen und nicht-medikamenten Therapiemaßnahmen, mal ausprobieren, da außer einer finanziellen Belastung so gut wie keine Nachteile auf dich zukommen. Gerade für Schwangere oder Migräne-Betroffene, die unter den Nebenwirkungen einer medikamentösen Therapie leiden, kann eine Behandlung mit Akupunktur in Erwägung gezogen werden. Eine weiter Möglichkeit in diesen Fällen ist die Anwendung einer niedrig-glykämischen Ernährung. Denn ein niedrig-stabiler Blutzucker kann Migräneattacken vorbeugen, indem starke Blutzuckerschwankungen reduziert werden. Lass dir dafür sinCephalea, die Migräne-App auf Rezept, von deinem behandelnden Fachpersonal kostenlos verschreiben oder nehme für mehr Infos an unserem kommenden Webinar teil.
Quellen
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- Akupunktur Zur Vorbeugung von Migräneanfällen. IGeLMonitor; 2012. https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/akupunktur-zur-vorbeugung-von-migraeneanfaellen.html
- Diener HC, Gaul C, Kropp P. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne: Entwicklungsstufe: S1. Nervenheilkunde. 2022;37(10):689-715. doi:10.1055/s-0038-1673598
- Lelleck VV, Schulz F, Witt O, et al. A Digital Therapeutic Allowing a Personalized Low-Glycemic Nutrition for the Prophylaxis of Migraine: Real World Data from Two Prospective Studies. Nutrients. 2022;14(14):2927. doi:10.3390/nu14142927
- Akupunktur Zur Migräne-Vorbeugung Gut Geeignet.; 2013. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/artikel/akupunktur-zur-migraene-vorbeugung-gut-geeignet/#:~:text=Akupunktur%20hilft%20vielen%20Migräne%20%2DPatienten,zur%20Migräne%2DVorbeugung%20eingesetzt%20werden.
- IGeL: Akupunktur Bei Migräne. Apotheken Umschau; 2021. https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/vorsorge/individuelle-gesundheitsleistung/igel-akupunktur-bei-migraene-769645.html
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