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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App
Migräne ist eine komplexe, neurologische Erkrankung. Die Behandlung von Migräne erfordert daher einen multimodalen Ansatz, d.h. eine therapeutische Vorgehensweise, bei der unterschiedliche Behandlungsansätze miteinander kombiniert werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Ernährung.1
Doch speziell beim Thema Ernährung und Migräne-Diät gibt es viele verschiedene Ansätze und teilweise noch keine eindeutige wissenschaftlichen Belege. Lohnt sich also eine Ernährungsumstellung bei Migräne und wenn ja, welche Empfehlungen sind wissenschaftlich fundiert?
Was ist eine Migräne-Diät?
Eine Migräne-Diät ist eine spezielle Ernährungsweise, bei der bestimmte Lebensmittel weggelassen werden, um die Häufigkeit und Intensität von Migränekopfschmerzen zu reduzieren. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es aber derzeit keine pauschale Migräne-Diät, die empfehlenswert ist. Es gibt zwar häufig Korrelationen zwischen Nahrungsmitteln und Migräne, aber kaum nachgewiesene kausale (wirkliche) Zusammenhänge. Denn einzelne Lebensmittel sind in der Regel nicht die Auslöser von Migräne.
In den letzten Jahren ist der Stoffwechsel stärker in den Fokus gerückt. Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Reaktion auf Lebensmittel großen Unterschieden unterliegt, und man den Einfluss der Ernährung personalisiert betrachten sollte. Daraus ergibt sich ein neuer effektiver Ansatz: die sogenannte personalisierte niedrig-glykämische Ernährung (mehr dazu weiter unten).
Was für Migräne-Diäten und Ernährungsformen gibt es?
Da die Ursachen von Migräne meist mulitfaktoriell sind, gibt es auch rund um das Thema Ernährung bei Migräne viele verschiedene Ansätze sowie Mythen.
Die Eliminationsdiät
Diese Diät basiert auf der Annahme, dass bestimmte Auslöser, wie z.B. Alkohol, Koffein, histaminhaltige Lebensmittel oder bestimmte Zusatzstoffe wie z.B. Mononatriumglutamat, Migräneanfälle provozieren können.1,2
„Eliminieren“ bedeutet, dass du die vermuteten Auslöser weglässt und beobachtest, ob dies einen Einfluss auf die Häufigkeit deiner Migräneanfälle hat. Aber Achtung: Einige vermeintliche Auslöser können auch bereits Symptome einer Migräneattacke sein: z.B. ist der Griff zur Schokolade, meist nicht der Auslöser einer Migräneattacke, sondern das Resultat einer Heißhungerattacke, die ein Symptom der Prodromalphase ist.
Fasst man die Studienlage rund um dieses Thema zusammen, dann kann man bisher nur Rotwein bei manchen Personen als Migräneauslöser identifizieren. Für Schokolade und co. konnte ein Zusammenhang nicht bestätigt werden.3–6
Omega-3-reiche Ernährung
Eine Ernährung, die reich an Omega-3- und arm an Omega-6-Fettsäuren ist, wirkt entzündungshemmend und regulierend auf den Gefäßtonus. Basierend auf der Annahme, dass Migräne auf entzündliche Prozesse in den Gefäßen zurückzuführen ist1, liegt der positive Einfluss dieser Ernährungsform somit nahe und konnte in einzelnen Studien auch schon bestätigt werden. In einer Studie verbesserten sich die Kopfschmerzen bei Migräne infolge einer omega-3-reichen Ernährung therapeutisch relevant.7 Dieser Zusammenhang muss aber noch in weiteren kontrollierten Studien untersucht werden und gilt als noch nicht abschließend geklärt.3
Omega-6-Fettsäuren findest du hauptsächlich in Lebensmitteln mit hohem Anteil an Sonnenblumen-, Distel- und Sojaölen (z.B. Pommes & Chips) sowie in Produkten auf Maisbasis. Omega-3-Fettsäuren hingegen kommen beispielsweise in Lein- und Walnussöl oder in fettreichen Fischen wie Aal, Karpfen, Forelle oder Lachs vor. Gute vegane Quellen sind Algen, dunkles Blattgemüse, Chia- und Leinsamen, Tofu und Walnüsse.8
Eine Ernährung mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und moderaten Mengen an Omega-6-Fettsäuren wird auch außerhalb der Migräneprophylaxe für eine gesunde Ernährung empfohlen, weshalb du darauf gerne achten kannst. 9
Ketogene Ernährung
Bei dieser Ernährungsweise werden Kohlenhydrate (z.B. Zucker, Weißmehle, Nudeln etc.) vermieden und dafür vermehrt fettreiche Lebensmittel aber auch proteinreiche in die Ernährung eingebaut. Denn genauso wie bei längeren Fastenperioden, schaltet der Körper ohne Kohlenhydratzufuhr in den Fettstoffwechsel und steigert die Ketonkörpersynthese, um an Energie zu kommen. Diese Ketone stehen im Zusammenhang den Energiestoffwechsel zu verbessern, neuralen Entzündungen entgegenzuwirken und den Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP)-Spiegel zu senken (hier setzt beispielsweise auch die Migränespritze an). 1,10–12
Wenn die Kohlenhydratmenge stark reduziert wird, braucht der Stoffwechsel erst einmal Zeit, bis er das Gehirn anstatt mit Glukose auch mit Ketonkörpern versorgen kann. In dieser Zeit kann es zu vermehrten Energiedefiziten im Gehirn kommen, die Migräneattacken begünstigen. Personen berichten in dieser Phase häufig von Unwohlsein und Migränebeschwerden.
Weitere Gegenstimmen kritisieren die Umsetzbarkeit einer streng ketogenen Ernährung auf lange Sicht, da sie mit sehr viel Verzicht einhergeht13. Neuste Forschungsansätze versuchen dieses Problem zu umgehen, indem Ketonen, wie z.B. das β-Hydroxybutyrat, als Supplement zugeführt werden, um den Körper in der Ketose zu halten, trotz Ausnahmen in Form von Kohlenhydratzufuhr.14 Ob dies ein effektiver Ansatz sein könnte, muss noch untersucht werden.
Niedrig-glykämische Ernährung
Mit der niedrig-glykämischen Ernährung versucht man den Blutzucker möglichst niedrig und stabil zu halten. Denn es wurde gezeigt, dass unser Zuckerstoffwechsel und insbesondere starke Blutzuckerschwankungen eine Rolle bei der Entstehung von Migräneattacken spielen. 15–17 Im Umkehrschluss kann eine Ernährung, die den Blutzucker eher niedrig-stabil hält, Migräneanfällen vorbeugen, indem Energiedefizite vermieden werden.18–20
Die Migräne-App auf Rezept sinCephalea Migräneprophylaxe bietet dir die Gelegenheit mittels eines Glukosesensors die Reaktionen deines Blutzuckers auf gewisse Mahlzeiten und Lebensmittel zu testen. Denn jeder Mensch reagiert individuell auf die gleichen Lebensmittel und so kannst du für dich herausfinden, wie du deine Ernährung mit kleinen, aber effektiven Änderungen anpassen kannst. Im Anschluss an die zweiwöchige Sensorphase erhältst du auf dich zugeschnittene Ernährungsempfehlungen, mit denen du effektiv Migräne vorbeugen kannst, indem du die Energieversorgung deines Gehirns verbesserst. So musst du keine strenge Diät, wie beispielsweise bei der ketogenen Ernährung durchführen, sondern kannst mit effektiven und dadurch kleineren Änderungen ans Ziel kommen.
Du kannst dir die digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) sinCephalea ganz einfach von deinem behandelndem Fachpersonal in deren Praxen oder auch per Videosprechstunde über die Telemedizin-Anbieter mySummer oder Teleclinic verschreiben lassen, wenn bei dir eine Migräne diagnostiziert wurde.
Weitere ernährungsbasierte Ansätze
Darüber hinaus gibt es noch weitere Ansätze, wie beispielsweise die Probiotika-Einnahme zur Regulierung des Darmmikrobioms. 2,21,22 Hinzu kommen die Anwendung von gewissen Nahrungsergänzungsmitteln, wie Magnesium, Vitamin D3 23, Coenzym Q10 und Riboflavin24 die erste positive Effekte auf Migräne zeigen konnten. Diese Zusammenhänge müssen jedoch noch weiter untersucht werden, um abschließende Empfehlungen auszusprechen.
Wie effektiv sind Migräne-Diäten und Ernährungsanpassungen bei Migräne?
Es gibt aus wissenschaftlicher Sicht nicht die eine Migräne-Diät, die empfohlen werden kann, da einzelne Lebensmittel meist nicht der Auslöser von Migräne sind. Es gibt aber diverse andere Ernährungsansätze, die in Studien bereits untersucht wurden und noch werden. Vielversprechend könnten beispielsweise omega-3 Fettsäuren sein, zu denen die Wirksamkeit aber noch nicht abschließend geklärt ist.
Eine weitere neuartige Ernährungsanpassung ist die niedrig-glykämische Ernährung, die leicht durchführbar ist und effektiv wirkt: Ergebnisse aus einer Anwendungserprobung konnte eine durchschnittliche Reduzierung von 44% der Migränetage pro Monat zeigen.25
Da die Blutzuckerantwort individuell und somit sehr unterschiedlich ausfallen kann, empfehlen wir dir die App auf Rezept sinCephalea, um deine Ernährung optimal für dein Migränegehirn auszurichten. Während der zweiwöchigen Sensorphase hast du die einmalige Gelegenheit mittels eines Gewebezuckersensors die Blutzuckerreaktion deines Körpers auf bestimmte Mahlzeiten zu beobachten, um anschießend eine blutzuckerstabilisierende Ernährung einzuführen.
Fazit
Die Therapie von Migräne erfordert generell einen multimodalen Ansatz, also einen Ansatz, der mehrere Therapieformen beinhaltet. In Bezug auf Ernährung gibt es viele Ansätze, die in der Wissenschaft diskutiert werden. Meist sind es nicht einzelne Lebensmittel die Migräne auslösen, weshalb Eliminationsdiäten nur bedingt wirksam sein können. In den letzten Jahren ist der Stoffwechsel stärker in den Fokus gerückt. Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Reaktion auf Lebensmittel großen Unterschieden unterliegt, und man den Einfluss der Ernährung personalisiert betrachten sollte. Daraus ergibt sich ein neuer effektiver Ansatz: die sogenannte personalisierte niedrig-glykämische Ernährung. Diesen Ansatz kannst du mit der Migräne-App auf Rezept sinCephalea ausprobieren. Gerade als Ergänzungen oder Alternativen zu medikamentösen Ansätzen, hat sich eine blutzuckerstabilisierende Ernährung als effektiv erwiesen, Migränetage zu reduzieren, ohne auf Genuss in Maßen verzichten zu müssen. Lass dir sinCephalea von deinen behandelnden Ärztinnen und Ärzten kostenlos verschreiben oder nehme für mehr Infos an unserem kommenden Webinar teil.
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