Hole dir die sinCephalea App gegen Migräne

Migräne mit Aura

Migräne-Aura sind neurologische Erscheinungen verschiedenster Art. Aber was steckt dahinter? Und was hat das mit Alice im Wunderland zu tun? Das erfährst du hier.

Lesezeit:

10 Min

Zuletzt aktualisiert:

Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App

Strahlenkränze, Zickzack-Formen, Piepen, Stimmenhören oder Wortfindungstörungen – viele Migräne-Betroffene erleben kurz vor den Kopfschmerzattacken neurologische Erscheinungen verschiedenster Art, die sogenannte Migräne-Aura. Aber was steckt dahinter?

Der Begriff „Aura“ ist dabei ganz treffend: Beispielsweise nehmen manche Betroffene eine Art Strahlenkranz um Mitmenschen oder Gegenstände herum wahr, ganz ohne dass ein reales Lichtphänomen vorliegt. Häufiger noch berichten sie von Zickzack-Formen, die langsam durch das Gesichtsfeld schreiten, dabei flickern und sich wie eine Girlande verdrehen.

Migräne mit Aura: Symptome

Etwa jede:r dritte Migräne-Betroffene berichtet von einer Aura-Phase zu Beginn der Attacken. Wer sie erlebt, für den ist es ein einschneidendes Erlebnis. Nicht nur Sehstörungen, sondern auch andere Sinnesstörungen fallen unter den Sammelbegriff Migräne-Aura. Es hat sich bewährt, diese Erlebnisse in Reiz- und Ausfallerscheinungen zu unterteilen. Wer etwas sieht, das nicht real im Gesichtsfeld existiert, erlebt eine neurologische Reizerscheinung. Betroffene können aber auch ein Kribbeln den Arm entlang spüren, ohne dass dort etwas wäre. 

Bei einer Ausfallerscheinung verhält es sich umgekehrt: Im Gesichtsfeld taucht etwa ein blinder Fleck auf, bei Berührung des Armes fühlt sich die Haut taub an. Auch das Essen kann anders schmecken oder geschmacklos werden. Des Weiteren können akustische Halluzinationen in Form von Klingeln, Piepen, Zirpen, Rauschen und Stimmenhören auftreten, außerdem sind Sprech- oder Wortfindungs-Störungen, sowie Verständnisprobleme möglich.

Viele wissen nicht, dass man die Aura-Phase auch ohne anschließende Kopfschmerzen erleben kann. Doch dies ist bei etwa fünf Prozent der Migräne-Betroffenen der Fall.

„Migräne sind Kopfschmerzen, auch wenn man keine hat.“

Das lässt Erich Kästner, der selber unter Migräne litt, Luise Pogge erklären. Luise, genannt Pünktchen, ist die Heldin aus Kästners Kinderroman Pünktchen und Anton – und hat eine Mutter, die an Migräne leidet. Mit diesem Satz will Pünktchen ihrem Freund Anton deutlich machen, was das ist. Die Doppeldeutigkeit ihrer Aussage spielt dabei geschickt mit dem gesellschaftlichen Vorurteil, Migräne sei eine eingebildete Krankheit.

Das Alice im Wunderland Syndrom

Zu den wohl seltsamsten Erscheinungen, von denen wir bis heute nicht genau wissen, ob sie wirklich als Migräne-Aura gelten können, gehört das Phänomen des Alice im Wunderland Syndroms, bei dem sich der Mensch oder die Umgebung auf halluzinatorische Weise verändert. 

Der Mathematiker Charles Lutwidge Dodgson – besser bekannt unter seinem Pseudonym Lewis Carroll – litt selbst unter Migräne und beschrieb in seinen Kinderbüchern Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln wahrscheinlich seine eigenen Erfahrungen. Das Alice im Wunderland Syndrom tritt besonders häufig bei Kindern und Jugendlichen auf. 

Sie beschreiben während einer Migräne-Aura etwa eine gestörte Wahrnehmung von Gegenständen in der Umgebung oder ihrer eigenen Körperteile. Oft erleben sie sich selbst oder einzelne Körperteile vergrößert oder verkleinert, oder ihre Umwelt erscheint ihnen vergrößert oder verkleinert. Sie nehmen Dinge dann verzerrt wahr („Metamorphopsie“), kleiner („Mikropsie“) oder größer („Makropsie“), als sie tatsächlich sind. Außerdem fallen auch eine veränderte akustische Wahrnehmung, veränderte Tastwahrnehmungen und verändertes Zeitempfinden darunter. Solche Symptome könnten die Inspiration für Lewis Carrolls bekannte Figuren gewesen sein.

Berühmt ist die Szene von Alice in der Wohnung des Kaninchens, in der sie immer wieder groß und klein wird, wenn sie etwas isst oder trinkt. Die Raupe zeigt ihr später einen Pilz, und erklärt Alice:

„Die eine Seite vom Pilz macht größer, die andere kleiner.“

Auch seine Beschreibung der Grinse-Katze – von der nur das Lächeln sichtbar bleibt – entspricht einer besonderen Form der visuellen Nachbilder, die im Rahmen einer Migräne-Aura auftreten kann.

Migräne mit Aura: Ähnlichkeit zum Schlaganfall?

Mit diesem Vorurteil sollte nun endlich Schluss sein. Die wissenschaftliche Forschung hat in den letzten 20 Jahren die organische Ursache der Migräne-Aura mit Bildgebung und mathematischen Analysen aufgeklärt und herausgefunden, wie die sich anschließenden Kopfschmerzen entstehen – die eben manchmal auch ausbleiben.

Es ließ sich klären, was die verschiedenen erlebten Auren vereint und, wichtiger noch, was sie abgrenzt von anderen vorübergehenden neurologischen Störungen, zum Beispiel von den durchaus ähnlichen Vorläufern eines Schlaganfalls oder einer Epilepsie.

Entscheidend bei einer Migräne-Aura ist, dass die Symptome langsam anfangen und sich erst allmählich steigern. Es dauert meist über fünf Minuten, bis die Aura voll ausgeprägt erscheint. Kurz darauf klingt sie auch schon wieder ab. Noch bis 2013 durfte laut den Richtlinien die Aura-Phase nur eine Stunde anhalten. In der neuesten Klassifikation hat man jedoch das Zeitfenster aufgrund der Forschungsergebnisse erweitert.

Denn es wurde klar, dass verschiedene Aura-Symptome oft hintereinander auftreten. Für jede Störung der bekannten fünf Sinne – also Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen – sowie für Störungen motorischer und kognitiver Leistungen, dürfen die Symptome nun jeweils maximal 60 Minuten andauern, um noch als typisch zu gelten. Die verschiedenen Modalitäten auseinanderzuhalten und somit die erlaubte Gesamtdauer abzuschätzen, ist nicht immer leicht. Manche Forscher gehen mittlerweile davon aus, dass viel mehr Betroffene eine Aura haben, die subtilen Symptome allerdings unbemerkt bleiben.

Migräne mit Aura


Entstehung & Ursache: Eine Welle, die durchs Gehirn wandert

Es ist erstaunlich, dass ein einziger biologischer Prozess diese enorme Vielfalt und die Abfolge der Symptome einer Migräne-Aura hervorrufen kann.

Wie man heute weiß, handelt es sich dabei um fokale Störungen im Gehirn. „Fokal“ bedeutet, dass etwas auf eine Ansammlung von Gehirnzellen begrenzt ist, auf einen Fokus oder Herd.

Vom Schlaganfall und Epilepsie war bekannt, dass sich eine fokale Störung von dem Herd womöglich auf andere Bereiche ausweiten kann. Bei der Migräne mit Aura geschieht dies jedoch auf ganz neue Weise: Die fokale Störung wird nicht etwa breiter, wie ein frischer Tintenfleck auf Löschpapier, sondern sie wandert, ohne wesentlich ihre Form und Größe zu ändern. Sie verlässt also den Ort, an dem sie aufkeimte, und schlängelt sich durch die Gehirnwindungen wie ein Tsunami. Da jede Region im Gehirn eine andere Funktion aufweist, können sich die Symptome mit der Wanderung dieser „Welle“ verändern – es kann etwa zuerst der visuelle Bereich betroffen sein, dann derjenige, der für Sprache zuständig ist.

Mit Computersimulationen konnten meine Kolleg:innen und ich in verschiedenen Forschungsprojekten zeigen, dass die Welle nicht in eine zufällige Richtung wandert, sondern sich entlang der Faltungen der Hirnrinde ausbreitet. Vermutlich entwickeln die Betroffenen jeweils individuelle Muster und deswegen gleichen sich ihre Auren meist. Eine weitere Theorie geht davon aus, dass bremsende Prozesse im Gehirn dafür sorgen, dass sich die Störung nicht kreisförmig ausbreiten kann.

Möchtest du dich mit unserer Facebook Migräne Community über dieses Thema austauschen?

Informations- und Erfahrungsaustausch über Themen rund um Migräne. Migräne ist nicht „nur“ Kopfschmerz sondern so viel mehr. Wir wollen eine Plattform bieten, auf der Betroffene sich austauschen können.

Direkt beitreten

Therapie der Migräne mit Aura

Die heute interessante Frage ist aber vor allem: Was kann diesen „Tsunami“ aufhalten? Würde dies rechtzeitig gelingen, könnte eine Migräne-Attacke nicht nur vor den Kopfschmerzen beginnen, sondern auch davor schon wieder enden. Stand heute gibt es jedoch keine spezielle Therapie der Aura-Symptome. Aber die mittlerweile breit angelegten, generellen Therapiemöglichkeiten bei Migräne können auch hier greifen.

Wichtig zu wissen: Während der Auraphase sollte man keine Triptane zu sich nehmen, da sie aufgrund ihrer gefäßverengenden Wirkung die Aura verstärken können.

Prophylaktisch gilt auch hier, dass beispielsweise regelmässig durchgeführte Entspannungsübungen, regelmässiger Sport sowie eine blutzuckerstabilisierende (niedrig-glykämisch) Ernährung helfen können.

Bei letzterem möchte dich die digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) sinCephalea Migräneprophylaxe unterstützen. Die App auf Rezept bietet dir die einzigartige Gelegenheit herauszufinden, wie dein Blutzucker auf welche Lebensmittel und Mahlzeiten reagiert damit du anschließend die bevorzugen kannst, die eher Blutzucker-stabilisierend wirken. Dafür führst du für mindestens 10 Tage ein Ernährungstagebuch und darfst den spannenden Blutzuckersensor tragen (keine Sorge, das tut nicht weh!). So kannst du direkt sehen, wie dein Blutzucker auf welche Mahlzeiten oder auch auf Bewegung und Entspannung reagiert.

Neuere Studien legen nämlich nahe, dass der Zuckerstoffwechsel eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Migräne-Attacken spielt1-4 und dass eine niedrig-glykämische Ernährung, die den Blutzucker eher niedrig und stabil hält, eine effektive Migräneprophylaxe sein kann5-7.

Fazit

Bei der Aura handelt es sich also um eine fokale Störung, die durch verschiedene Regionen im Gehirn wandert, weshalb sich die Symptome im Verlauf der Auraphase verändern können. Etwa jede:r dritte Migräne-Betroffene erlebt eine Aura während des Migräneanfalls. Abschließend lässt sich sagen, dass es bisher noch keine spezielle Therapie der Aura-Symptome gibt, weshalb eine gute Prophylaxe umso wichtiger ist. Wenn dich der Einfluß deines Blutzuckers auf deine Migräneattacken interessiert, lass dir doch die App auf Rezept sinCephalea Migräneprophylaxe von deinen behandelnden Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen oder ganz bequem vom Sofa aus per Videosprechstunde über den Telemedizin-Anbieter TeleClinic verschreiben. Es lohnt sich!

    Quellen

    1. Levin, M. Classification and Diagnosis of Primary Headache Disorders. Semin Neurol 42, 406–417 (2022).
    2. GBD 2017 Disease and Injury Incidence and Prevalence Collaborators. Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 354 diseases and injuries for 195 countries and territories, 1990-2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet (London, England) 392, 1789–1858 (2018).
    3. Lipton, R. B. et al. Migraine prevalence, disease burden, and the need for preventive therapy. Neurology 68, 343–349 (2007).
    4. Stovner, L. et al. The global burden of headache: a documentation of headache prevalence and disability worldwide. Cephalalgia : an international journal of headache 27, 193–210 (2007).
    5. Yoon, M.-S. et al. Prevalence of primary headaches in Germany: results of the German Headache Consortium Study. The journal of headache and pain 13, 215–223 (2012).
    6. Pescador Ruschel, M. A. & De Jesus, O. Migraine Headache. in StatPearls (StatPearls Publishing, 2022).
    7. Del Moro, L., Rota, E., Pirovano, E. & Rainero, I. Migraine, Brain Glucose Metabolism and the “Neuroenergetic” Hypothesis: A Scoping Review. The Journal of Pain 23, 1294–1317 (2022).
    8. Bernecker, C. et al. Oxidative stress is associated with migraine and migraine-related metabolic risk in females. European Journal of Neurology 18, 1233–1239 (2011).
    9. Gruber, H.-J. et al. Hyperinsulinaemia in migraineurs is associated with nitric oxide stress. Cephalalgia 30, 593–598 (2010).
    10. Siva, Z. O. et al. Determinants of glucose metabolism and the role of NPY in the progression of insulin resistance in chronic migraine. Cephalalgia 38, 1773–1781 (2018).
    11. Yilmaz, N. et al. Impaired oxidative balance and association of blood glucose, insulin and HOMA-IR index in migraine. Biochemia Medica 21, 145–151 (2011).
    12. Bongiovanni, D. et al. Effectiveness of ketogenic diet in treatment of patients with refractory chronic migraine. Neurol Sci (2021) doi:10.1007/s10072-021-05078-5.
    13. Evcili, G. Early and Long Period Follow-up Results of Low-Glycemic Index Diet for Migraine Prophylaxis. Agri (2018) doi:10.5505/agri.2017.62443.
    14. Razeghi Jahromi, S. et al. Association of diet and headache. The Journal of Headache and Pain 20, 106 (2019).
    15. Harriott, A. M. & Schwedt, T. J. Migraine is associated with altered processing of sensory stimuli. Curr Pain Headache Rep 18, 458 (2014).
    16. Joutel, A. et al. A gene for familial hemiplegic migraine maps to chromosome 19. Nat Genet 5, 40–45 (1993).
    17. Salloway, S. & Hong, J. CADASIL syndrome: a genetic form of vascular dementia. J Geriatr Psychiatry Neurol 11, 71–77 (1998).
    18. Meyer, J. S., Terayama, Y., Takashima, S. & Obara, K. Cerebral circulatory changes during migraine headache with aura. Rev Neurosci 4, 305–319 (1993).
    19. Edvinsson, L., Haanes, K. A. & Warfvinge, K. Does inflammation have a role in migraine? Nature Reviews Neurology 15, 483–490 (2019).
    20. Kursun, O., Yemisci, M., van den Maagdenberg, A. M. J. M. & Karatas, H. Migraine and neuroinflammation: the inflammasome perspective. J Headache Pain 22, 55 (2021).
    21. Zhang, Y. et al. Transcutaneous auricular vagus nerve stimulation (taVNS) for migraine: an fMRI study. Reg Anesth Pain Med 46, 145–150 (2021).
    22. Peng, K.-P. & May, A. Redefining migraine phases – a suggestion based on clinical, physiological, and functional imaging evidence. Cephalalgia 40, 866–870 (2020).
    23. Kelman, L. The Premonitory Symptoms (Prodrome): A Tertiary Care Study of 893 Migraineurs. Headache: The Journal of Head and Face Pain 44, 865–872 (2004).
    24. Grossinger, R. Migraine Auras: When the Visual World Fails. (North Atlantic Books, 2013).
    25. Marmura, M. J. Triggers, Protectors, and Predictors in Episodic Migraine. Curr Pain Headache Rep 22, 81 (2018).
    26. Diener, H.-C., Gaul, C. & Kropp, P. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne: Entwicklungsstufe: S1. Nervenheilkunde 37, 689–715 (2018).
    27. Diener, H.-C. & Limmroth, V. Medication-overuse headache: a worldwide problem. The Lancet Neurology 3, 475–483 (2004).
    28. Lelleck, V. V. et al. A Digital Therapeutic Allowing a Personalized Low-Glycemic Nutrition for the Prophylaxis of Migraine: Real World Data from Two Prospective Studies. Nutrients 14, 2927 (2022).
    29. Vécsei, L., Szok, D., Nyári, A. & Tajti, J. Treating status migrainosus in the emergency setting: what is the best strategy? Expert Opin Pharmacother 19, 1523–1531 (2018).

Über den/die Autor:in

Foto des Autors

Dr. rer. nat. Markus A. Dahlem

Dr. Markus Dahlem war Mit-Gründer und CEO von Newsenselab, dem Startup hinter M-sense. Er forscht seit mehr als 25 Jahren über die Entstehung der Migräne. Als Physiker interessiert ihn grundsätzlich, ob mathematische Berechnungen etwas zum Grundverständnis von Erkrankungen beitragen können.
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner