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Botox gegen Migräne

Botox steht im Zusammenhang mit Faltenbehandlung, kann aber auch zur vorbeugenden Behandlung chronischer Migräne eingesetzt werden. Die Behandlung mit Botox gegen Migräne läuft nach einem gewissen Schema ab und scheint, bei gewissen Voraussetzungen, für einige Betroffene wirksam zu sein.

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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App

Was ist Botox?

Botox, kurz für Botulinumtoxin Typ A, ist ein neurotoxisches Protein (also ein Protein, dass für unser Nervensystem giftig sein kann) und wird von dem Bakterium Clostridium botulinum produziert. Die meisten von uns verbinden Botox mit einer kosmetischen Faltenbehandlung. Doch Botox kann auch zur Therapie verschiedener Erkrankungen wie Muskelkrämpfe, Hyperhidrosis (übermäßiges Schwitzen), überaktive Blase, Schielen und zur Prophylaxe von chronischen Migräneattacken eingesetzt werden.1

1820 isolierte erstmals der deutsche Arzt Justinus Kerner das Toxin aus verdorbenen Würstchen und entdeckte seine neurotoxische Wirkung. Diese nannte Kerner daraufhin „Botulismus“, von dem lateinischen Wort für Wurst: „botulus“ abgeleitet.2

In den 1960er und 1970er Jahren wurde Botox das erste Mal für medizinische Zwecke verwendet: ein Augenchirurg entdeckte die muskelentspannenden Eigenschaften des Nervengifts und setzte es zur Behandlung von Schielen ein. Für kosmetische Zwecke wurde es dann in den 1980ern das erste Mal eingesetzt, als eine kanadische Augenärztin feststellte, dass die Injektion kleinster Mengen Botulinumtoxin Muskelkontraktionen blockierte. 2

2011 wurde Botox dann vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte in Deutschland zur Behandlung von chronischer Migräne zugelassen.3

Wie wirkt Botox gegen Migräne?

Der genaue Wirkmechanismus von Botox (bzw. dem Hauptbestandteil Botulinumtoxin Typ A) bei Migräne ist unklar. Feststeht, dass das Toxin die Freisetzung von Acetylcholin, einem Neurotransmitter (Botenstoff im Gehirn) verhindert, der für das Zusammenziehen der Muskeln verantwortlich ist. Daneben werden folgende weitere Mechanismen im Zusammenhang mit Migräne diskutiert:4

  • Man vermutet, dass bei Betroffenen eine erhöhte Empfindlichkeit des Trigeminus-Nervs im Gesichtsbereich besteht (der Trigeminusnerv ist der fünfte Hirnnerv und spielt eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Schmerzen). Botox soll diese Empfindlichkeit herabsetzten.
  • Botox steht im Verdacht die Ausschüttung von Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) zu reduzieren, welches bei der Entstehung von Migräneattacken beteiligt ist. Es spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Antikörpertherapie.5

Es handelt sich bei Botox allerdings nicht um ein Akut-Medikament, das während einer Migräneattacke hilft. Es wird vorbeugend als sog. Migräneprophylaxe eingesetzt. Hierfür wird Botox circa alle drei Monate, wie der untenstehenden Abbildung zu entnehmen ist, gespritzt. Es wird angenommen, dass die Wirkung nach zwei bis drei Tagen einsetzt, nach zwei Wochen ihren Höhepunkt erreicht und nach circa zwei bis vier Monaten abklingt. Die Wirkung ist also vorübergehend und die Behandlung muss daher regelmäßig wiederholt werden.6

Hat Botox gegen Migräne Nebenwirkungen?

Nach einer Botox-Behandlung gegen Migräne kam es bei 13,6 % der Betroffenen laut einer Studie vorübergehend zu folgenden unerwünschten Wirkungen:16

  • muskelkaterartige Beschwerden im Nacken- und Kopfbereich mit 6,6 % oder Muskelschwäche 5,5 %
  • kosmetisch unerwünschte Effekte wie Ptosis (das Herabhängen eines oder beider Oberlider des Auges) bei 3,3 %
  • Verschlechterung der Migräne bei 2,1 %
  • Schluckstörung (Dysphagie) bei 0,1 %

Kontraindikationen: Wann darf Botox nicht angewendet werden?

Neben Schwangerschaft und Stillzeit gibt es ein paar Erkrankungen, bei denen Botox nicht angewendet werden sollte. Dazu gehören:1

  • Neuromuskuläre Erkrankungen
  • Schluckstörungen oder chronische Atembeschwerden
  • akute Infekte und Entzündungen im Bereich der Injektionsstellen
  • Einnahme bestimmter Medikamente, die die muskuläre Funktion beeinflussen sowie bestimmter Antibiotika (Amynoglykosid-Antibiotika, Spectinomycin)
  • nachgewiesene Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile von zugelassener Botulinumtoxine

Botox ist nur bei einer chronischen Migräne (>15 Schmerztage im Monat) und nicht bei einer episodischen Migräne (<15 Schmerztage/Monat) wirksam. Es darf auch bei bestehendem Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz (MÜK) angewendet werden.3

Wie läuft die Behandlung mit Botox gegen Migräne ab?

Aufgrund seiner neurotoxischen Eigenschaften darf Botox nur von qualifiziertem medizinischem Fachpersonal verabreicht werden. Auf Basis der PREEMPT-Studien7 wurde ein Schema für die Verabreichung erarbeitet, anhand dessen die Botulinumtoxin Typ A-Lösung mit feinsten Kanülen in bestimmte Muskeln im Bereich des Kopfes und Nackens injiziert wird (siehe Abbildung 1).

Je nach Einschätzung deiner behandelnden Ärztin oder deines Arztes handelt es sich dabei um insgesamt 31 bis 39 Injektionen. Da es sich um besonders dünne Nadeln handelt, ist die Behandlung laut Migräne-Betroffenen aber gut aushaltbar. Hinzukommt, dass die ganze Prozedur lediglich 10-15 Minuten dauert.

Botox gegen Migräne
Abbildung : Botoxbehandlung bei chronischer Migräne, wie im PREEMPT-Schema festgelegt.10

Da die schmerzstillende Wirkung maximal drei bis vier Monate anhält, soll eine Behandlung im regelmäßigen Abstand von drei Monaten wiederholt werden, damit man die Migräne längerfristig behandelt.

Weitere Behandlungsempfehlungen zur Behandlung mit Botox findet man in den Leitlinien Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne 5:

  • Erst nach zwei bis drei Behandlungszyklen sollte über die Wirksamkeit der Therapie entschieden werden.
  • Die Wirkung kann mit der Dauer der Behandlung noch zunehmen.
  • Bei gutem Ansprechen auf die Behandlung kann das Dosierungsintervall auf z. B. vier Monate gestreckt werden oder ein Auslassversuch (s.u.) unternommen werden
  • Eine höhere Dosierung von 195 Einheiten kann eventuell eine bessere Wirkung entfalten als eine niedrige Dosierung mit 155 Einheiten.

Die prophylaktische Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronischer Migräne mit Botox zeigt eine Reduktion der Symptome von Angst und Depression zu beachten bei Komorbiditäten – Mehrfachdiagnosen

Bei fast allen Migräne-Prophylaxen wird nach dem Ende der empfohlenen Mindest-Einnahmedauer und bei erfolgreicher Behandlung ein Auslassversuch gestartet. Dabei soll festgestellt werden, ob sich unter der Prophylaxe die Migräne gebessert hat und das Prophylaxe-Medikament eventuell weggelassen werden kann.

Die Zeit zwischen den Sitzungen kannst du übrigens wunderbar nutzen um weitere vorbeugende Maßnahmen in dein Leben zu integrieren.3

Übernehmen Krankenkassen die Kosten von Botox gegen Migräne?

Die Kosten für eine Behandlung mit Botox gegen Migräne hängen von der Menge der Injektionen ab. Behandelnde Ärztinnen und Ärzte sollen am besten einen Kostenvoranschlag erstellen, den du dann bei deiner Krankenkasse einreichst.

Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten der Behandlung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:3

  • Es liegt die Diagnose einer chronischen Migräne mit mindestens 15 Kopfschmerz-Tagen pro Monat, davon mindestens 8 Tage mit Migräne, vor.
  • Zwei bis drei Migräne-Prophylaxe-Medikamente wie Betablocker oder Antidepressiva, wurden in ausreichender Dosierung und Dauer ausprobiert und zeigten entweder keine ausreichende Wirkung oder wurden nicht von vertragen.
  • Behandlung wird von Spezialistinnen und Spezialisten durchgeführt.

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Wirkt Botox bei Migräne?

Studien belegen, dass das Botulinumtoxin Typ A bei chronischer Migräne helfen kann, indem sich die Anzahl der Migränetage um zwei Tage pro Monat gegenüber einem Placebo reduzierte.8 Für die Zukunft wird zudem eine kombinierte Therapie mit monoklonalen CGRP-Antikörpern zusammen mit Botox diskutiert, da erste Studien eine möglicherweise verstärkende Wirkung nahelegen.3

Bei einer schweren Erkrankung, wie der chronischen Migräne, die sich in der Regel langsam entwickelt und vielleicht schon mehrere Jahre besteht, ist Botox eben nur eine weitere Therapieoption, die eine gewisse Linderung erreichen kann. Daher ist es wichtig, dass du neben der Botox-Behandlung weiterhin vorbeugende Maßnahmen, wie z.B. regelmäßige Entspannung, Stressreduktion, moderater Ausdauersport und eine blutzuckerstabilisierende und entzündungshemmende Ernährung beibehältst oder einführst.

Bei letzterem kann dich die Migräne-App auf Rezept sinCephalea Migränepropylaxe unterstützten, die derzeit aber nur für episodische Migräne zugelassen ist. Während der zweiwöchigen Testphase hast du die einmalige Gelegenheit mittels eines Gewebezuckersensors die Blutzuckerreaktion deines Körpers auf bestimmte Mahlzeiten zu beobachten, um anschießend eine blutzuckerstabilisierende Ernährung einzuführen. Dabei handelt es sich um eine nachweislich wirksame und nebenwirkungsfreie Migräneprophylaxe.9 Bei chronischer Migräne kann derzeit aber ebenfalls auf eine Blutzuckerstabilisierende Ernährung geachtet werden und beispielsweise lange Essenspausen vermieden werden.

Fazit

Botox wird für die Prophylaxe chronischer Migräne eingesetzt. Erfüllst du gewisse Voraussetzungen übernimmt die Kasse die Kosten für die Behandlung. Dabei wird der Wirkstoff mittels dünner Kanülen in diverse Muskeln der Stirn, Kopf und Nacken injiziert. Da die Wirkzeit begrenzt ist, muss die Behandlung aber alle drei bis vier Monate wiederholt werden, um eine längere Verbesserung zu erreichen.

Da Botox nur eine gewisse Verbesserung erreichen kann und chronische Migräne eine stark beeinträchtigende Erkrankung ist, empfiehlt es sich eine Kombination mehrerer Therapieansätze anzuwenden. Gerade nicht-medikamentöse Migräneprophylaxen, wie z.B. die Einführung einer blutzuckerstabilisierenden Ernährung mittels der Migräne-App auf Rezept sinCephalea, Entspannungsübungen oder moderater Ausdauersport, können gute Ergänzungen oder Alternativen zu medikamentösen Ansätzen sein.

Quellen

  1. Silberstein, S. et al. Botulinum Toxin Type A in the Prophylactic Treatment of Chronic Tension-Type Headache: A Multicentre, Double-Blind, Randomized, Placebo-Controlled, Parallel-Group Study. Cephalalgia 26, 790–800 (2006).
  2. Scott, A. B., Honeychurch, D. & Brin, M. F. Early development history of Botox (onabotulinumtoxinA). Medicine 102, e32371 (2023).
  3. Diener, H.-C., Gaul, C. & Kropp, P. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne: Entwicklungsstufe: S1. Nervenheilkunde 37, 689–715 (2018).
  4. Do, T. P., Hvedstrup, J. & Schytz, H. W. Botulinum toxin: A review of the mode of action in migraine. Acta Neurol Scand 137, 442–451 (2018).
  5. Burstein, R., Blumenfeld, A. M., Silberstein, S. D., Manack Adams, A. & Brin, M. F. Mechanism of Action of OnabotulinumtoxinA in Chronic Migraine: A Narrative Review. Headache 60, 1259–1272 (2020).
  6. Aoki, K. R. Pharmacology and Immunology of Botulinum Neurotoxins: International Ophthalmology Clinics 45, 25–37 (2005).
  7. Diener, H. et al. OnabotulinumtoxinA for treatment of chronic migraine: Results from the double-blind, randomized, placebo-controlled phase of the PREEMPT 2 trial. Cephalalgia 30, 804–814 (2010).
  8. Herd, C. P. et al. Botulinum toxins for the prevention of migraine in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, (2018).
  9. Lelleck, V. V. et al. A Digital Therapeutic Allowing a Personalized Low-Glycemic Nutrition for the Prophylaxis of Migraine: Real World Data from Two Prospective Studies. Nutrients 14, 2927 (2022).
  10. https://www.fass.se/res/RootMedia/Allergan/Media/Botox50AUMRPinjektion20.jpg

Über den/die Autor:in

Foto des Autors

Miriam Jansen

Miriam musste wegen chronischer Migräne ihren Beruf aufgeben - und wurde in dieser Zeit zur Migräne-Expertin. Die Migräne hat ihr zu einem radikalen Lebenswandel verholfen: Sie lebt nun als digitale Nomadin in ihrem Bus und arbeitet als Texterin & als Schäferin auf einer Alp.
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