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Migräneprophylaxe mit der sinCephalea App
Migräne wird bisher vorwiegend als Frauenkrankheit angesehen, denn Frauen sind 2 bis 3 Mal häufiger betroffen als Männer. Migräne bei Männern ist dennoch nicht zu vernachlässigen, denn auch bei ihnen ist die Erkrankung auf dem Vormarsch. Die Zahl der betroffenen Männer im Alter von 15 bis 19 Jahren erhöhte sich zwischen 2006 und 2016 um 40 %. Bei Männern zwischen 25 und 29 Jahren erhöhte sich die Anzahl im selben Zeitraum sogar um 70 %1,2. Schätzungsweise sind 6 % der Männer in Deutschland von Migräne betroffen3.
Dass immer mehr Männer an Migräne leiden, könnte auf zunehmenden Leistungsdruck, Stress in der Schule oder im Berufsleben, Schlafmangel und eine ungünstige Ernährung zurückzuführen sein. Auch die zunehmend lange Bildschirmzeit vor Fernseher oder Computer kann einen Einfluss haben, genauso wie das Hören von zu lauter Musik2.
Obwohl Migräne bei Männern zunimmt, stellt sich die Frage, warum die Erkrankung allgemein deutlich häufiger bei Frauen auftritt. Ein Grund dafür könnte der schwankende Hormonspiegel bei Frauen sein. Die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron haben nämlich über verschiedene Wege einen Einfluss auf die Schmerz- und Reizweiterleitung des Körpers4. Und tatsächlich leiden Frauen von der Pubertät bis zu den Wechseljahren am häufigsten an Migräne. Auch der Abfall des Östrogenspiegels zu Beginn einer Periode kann Migräneattacken auslösen. Dieses Phänomen wird auch als menstruelle Migräne bezeichnet4 (Kopfschmerzen Periode). Eine Studie zeigte außerdem, dass migränebetroffene Männer durchschnittlich einen höheren Östrogenspiegel haben und häufiger Symptome eines Androgenmangels aufweisen, also einem Mangel an männlichen Geschlechtshormonen. Die dazu durchgeführte Studie hat allerdings eine sehr geringe Teilnehmerzahl und gibt daher nur einen Hinweis auf diesen Zusammenhang5. Neben dem Hormonspiegel gibt es vermutlich noch weitere Einflussfaktoren, die zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Migräne führen. Auch hier ist in der Zukunft noch viel Forschung notwendig4.
Symptome: geschlechtsspezifische Unterschiede
Grundsätzlich sind die Symptome einer Migräne bei Frauen und Männern sehr ähnlich: Starke und meistens nur auf einer Gesichtshälfte auftretende Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit, gesteigerte Schmerzempfindlichkeit bis hin zu Übelkeit und Erbrechen1. Welche Symptome und in welcher Intensität sie auftreten, kann allerdings von Mensch zu Mensch – und natürlich auch zwischen Männern und Frauen – unterschiedlich ausgeprägt sein.
Untersuchungen zeigen, dass Frauen im Vergleich zu Männern unter längeren Attacken und einer höheren Schmerzintensität leiden4. Auch die typischen Migränesymptome, wie etwa Sehstörungen und visuelle Aura, Geräusch- und Lärmempfindlichkeit sowie Übelkeit und Erbrechen werden häufiger von Frauen berichtet1,4,6.
Dass Frauen häufiger von Migräne betroffen sind und von stärker ausgeprägten Symptomen berichten heißt aber nicht, dass Migräne bei Männern zu vernachlässigen ist. Denn natürlich können auch bei Männern dieselben Migräne Symptome, starke Schmerzen und Einschränkungen im Alltag auftreten.
Die bisherigen Studienergebnisse könnten außerdem darauf zurückzuführen sein, dass Männer seltener an klinischen Studien teilnehmen und möglicherweise seltener von Schmerzen berichten1. Dadurch ist über Migräne bei Männern schlichtweg weniger bekannt.
Migräne bei Männern: schlechter erforscht
Hormonelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen erklären sicherlich nicht allein, warum Frauen deutlich häufiger von Migräne betroffen sind. Denn Männer gehen mit ihrer Migräne seltener zum Arzt oder zur Ärztin, nehmen seltener an klinischen Studien teil, berichten seltener von Schmerzen und erhalten dementsprechend auch seltener verschreibungspflichtige Medikamente zur Behandlung von Migräne1,7,8. Und selbst wenn ein migränebetroffener Mann zum Arzt oder zur Ärztin geht, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, eine Migräne-Diagnose zu erhalten8. Zudem berichten Männer häufiger, nicht adäquat auf ihre Therapie anzusprechen9.
Gleichzeitig greifen migränebetroffene Männer deutlich häufiger zu frei verkäuflichen Medikamenten, wie Acetylsalicylsäure („Aspirin“), Ibuprofen und Diclofenac1,9.
All das führt letztlich dazu, dass Migräne bei Männern häufig unterschätzt wird. Dennoch – oder gerade deswegen – haben Männer mit episodischer Migräne ein 43 % höheres Risiko als Frauen, von der episodischen in eine chronische Migräne überzugehen7,8.
Ob du an einer episodischen oder chronischen Migräne leidest, hängt davon ab, wie häufig die Attacken auftreten. Treten die Migräneattacken an bis zu 14 Tagen im Monat auf, spricht man von einer episodischen Migräne. Bei 15 oder mehr Attacken pro Monat über mindestens 3 Monate, wobei Kopfschmerzen an mindestens 8 Tagen pro Monat die Merkmale einer Migräne aufweisen müssen, spricht man von einer chronischen Ausprägung. Mit 97 – 99 % tritt die episodische Migräne am häufigsten auf10.
Migräne kann außerdem mit weiteren Erkrankungen einhergehen. Bei Männern sind dies besonders koronare Herzerkrankungen und Nierensteine1. Um die genauen Zusammenhänge verstehen zu können, ist auch hier ist noch viel Forschung notwendig.
Migräne behandeln
Egal, welchem Geschlecht du dich zugehörig fühlst – hast du Migräne, solltest du unbedingt zum Arzt oder zur Ärztin gehen. Nur so kannst du die optimale Therapie für dich erhalten und schützt dich auch gleichzeitig vor einem durch Schmerzmittel ausgelösten Kopfschmerz (MÜK). Zur Behandlung von Migräne gibt es verschiedene Möglichkeiten, zu denen medikamentöse, aber auch nicht-medikamentöse Ansätze zählen.
Bei den medikamentösen Therapien unterscheidet man zwischen der Akutmedikation (z.B. durch Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Triptanen) und einer prophylaktischen Therapie, die das Auftreten von Migräneattacken reduzieren soll11. Detaillierte Informationen zu medikamentösen Migränetherapien findest du in unserem Blogartikel zum Thema Migräneprophylaxe.
Daneben gibt es auch verschiedene nicht-medikamentöse Therapien zur Prophylaxe und Behandlung von Migräne. Dazu gehören beispielsweise ausreichend Bewegung und Sport bei Migräne, Flüssigkeitszufuhr und Akupunktur11-14. Auch einige Heilpflanzen haben schmerzlindernde Wirkungen. Dazu zählen Pfefferminze, Mädesüß oder Weidenrinde15. Häufig diskutiert wird außerdem die Verwendung von CBD-Öl, welches ebenfalls schmerzstillend und krampflösend wirkt und daher bei Kopfschmerzen oder Migräneattacken eingesetzt werden kann16.
Einen großen Einfluss hat außerdem die Ernährung und damit zusammenhängend der Blutzucker und Migräne. Welche Lebensmittel den Blutzucker stark ansteigen und wieder stark abfallen lassen, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wichtig ist aber: Ein stabiler und niedriger Blutzucker – also ohne starke Schwankungen – kann die Anzahl und Intensität der Migräneattacken reduzieren17-19. Welche Ernährung für dich individuell am besten dafür geeignet ist, kannst du über die digitale Gesundheitsanwendung sinCephalea ermitteln. Die Migräne-App enthält einen Glukosesensor, der 14 Tage lang kontinuierlich deinen Blutzucker misst, während du parallel alle Mahlzeiten einträgst. Danach erhältst du einen übersichtlichen Report, welche Mahlzeiten für dich am besten und am wenigsten geeigneten sind. Mit kleinen Ernährungsanpassungen kannst du so auf natürliche Weise deine Migräne reduzieren.
Fazit
Migräne tritt zwar häufiger bei Frauen auf, die Häufigkeit nimmt aber auch bei Männern zu. Dass Frauen häufiger als Männer an Migräne leiden, könnte zumindest teilweise auf den schwankenden Hormonspiegel bei Frauen zurückzuführen sein. Andere Einflüsse sind bisher unzureichend untersucht. Männer mit Migräne berichten von weniger stark ausgeprägten Symptomen und Beeinträchtigungen durch die Erkrankungen. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass Männer seltener an klinischen Studien teilnehmen und daher schlichtweg weniger bekannt ist.
Fest steht aber: Je mehr männliche Migränebetroffene sich dem Thema stellen und nach professioneller Hilfe suchen, desto besser wird die Erkrankung auch bei Männern erforscht. Dies ist besonders wichtig, da Männer schlechter auf die bisherigen medikamentösen Therapieoptionen ansprechen und ein höheres Risiko haben, von der episodischen in eine chronische Migräne überzugehen.
Migräne ist keine Kleinigkeit und auch keine Schwäche. Solltest du also von Migräne betroffen sein, suche am besten einen Arzt oder eine Ärztin auf, um die bestmögliche Therapie zu erhalten. Neben medikamentösen Therapien gibt es mit der digitalen Gesundheitsanwendung sinCephalea auch eine Migräneprophylaxe auf der Basis der personalisierten Ernährung. Du möchtest persönlich mit einem Arzt oder einer Ärztin darüber sprechen, ob sinCephalea zu dir passt oder bist generell noch auf der Suche nach einer guten neurologischen Praxis in deiner Nähe? Mit dem Arzt-Finder auf unserer sinCephalea-Website kannst du deutschlandweit nach Migräneexpertinnen und Experten suchen, die uns aus der Migräne-Community empfohlen wurden oder bekannt sind als besonders gute Kopfschmerz-Expert:innen.
Quellen
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